ZUM SCHONTAGS–BLOGBEITRAG
Fast wie Zeitreisen: In diesem Blockbeitrag von 2018 berichtet Kersten vom damals frisch eingeführten Schontag.
Jeden Montag ein internes Barcamp für vier Tage ohne Meetings
Jeden Montag schalten wir die Telefone aus und die Autoresponder an. Für unsere Kund*innen sind wir montags nicht erreichbar, damit wir Dienstag bis Freitag mehr erreichen.
Eingeführt im Jahr 2018 (und seitdem Woche für Woche verbessert), ist der Schontag aus unserem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Am Schontag planen wir Projekte, Auslastung und Termine, sprechen über Akquise und Strategie, teilen Wissen und Erfahrungen zwischen uns und mit anderen. Wir probieren aus und entwickeln weiter. Der Schontag ist das Herzstück unserer Organisation.
Die Meetings sind Sessions, der Rahmen ist fix, die Inhalte sind flexibel – wie genau der Schontag abläuft, erklärt euch Jacob im Video auf Loom. Gleich darunter steht das PDF zum Schontag, wo wir euch von Morgen- bis Abschlussrunde den Ablauf detailliert beschreiben.
09:00 Morgenrunde
09:20 Worki-Worki-Board
(ehemals Anwesenheitsboard)
09:30 Wissens-Nuggets
09:35 Gemischtwarenladen
09:55 GIF-Gönnung
10:10 Projektsessions
11:05 WIP-Board
11:25 Akquise-Runde
11:40 Strategie-Runde
11:55 Plauder-Breakout
13:00 Session-Vorstellung
13:05 15-Minuten-Session
13:25 15-Minuten-Session
13:45 30-Minuten-Session
14:30 60-Minuten-Session
15:45 Telefonische Abschlussrunde-To-Go
Die Nachmittags-Sessions können ganz unterschiedlich aussehen. Diese Formate finden hier Platz:
Weil wir uns weiterentwickeln, entwickelt sich auch der Ablauf des Schontags weiter. Die Verantwortung für die Iterationen trägt die „Schontags-AG“ („AG” wie in „Arbeits-Gang”, ist klar). Die Verantwortung für die Moderation haben wir auf unser aller Schultern verteilt. An jedem Montag führt ein anderes quäntchen durchs Programm, sorgt für Ordnung im Session Board, erstellt Breakouts, achtet auf die Timings und lockert mit kreativem Check-in und Energizer die Stimmung. Das sorgt für Abwechslung und jede*r hat die Chance, den Schontag zum eigenen Lern- und Experimentierraum zu machen.
Schon immer konnte man bei quäntchen + glück frei wählen, ob man im Office oder Homeoffice arbeiten möchte. Das, was man heute hybrid nennt, nannten wir Flexibilität und die hat uns viele Nerven und noch mehr Zeit gekostet. Der Schontag war unsere Rettung. Er ist die Konstante, die Flexibilität erst möglich macht. Einst war es der einzige Tag in der Woche mit Präsenzpflicht. Seit Corona ist der Schontag remote und er wird es – da sind sich alle einig – auch bleiben. Insbesondere weil wir Dank Breakouts, Trello und Mural disziplinierter dokumentieren und Timings einhalten.
Da interne Meetings nur in absoluten Ausnahmefällen außerhalb des Schontags stattfinden, bleibt von Dienstag bis Freitag mehr Zeit für wertschöpfende Arbeit und „Deep Work“. Der Begriff „Deep Work“ geht übrigens auf den amerikanischen Informatikprofessor Cal Newport zurück. Er schrieb auf, was alle wissen: Komplexe und kreative Prozesse, professionelle und anspruchsvolle Aufgaben erfordern ablenkungsfreie, konzentrierte Zeit. Diese Zeit hat das Hirn, das wichtigste Werkzeug der Wissensarbeiterin, aber nicht, wenn zum Denken nur die Pausen zwischen Meetings bleiben. Also: 1 Schontag = weniger Meetings = weniger Unterbrechungen = mehr Deep Work.
Kurze Sessions statt lange Meetings – damit tricksen wir uns im besten aller Sinne aus. Früher dauerte jedes Meeting mindestens so lang wie die Default-Einstellung des Kalenders, also gemäß des Parkinsonschen Gesetzes („Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“) mindestens 30 Minuten. An unserem Schontag haben wir mit vier 10-Minuten-Sessions am Vormittag und zwei 15-Minuten-Sessions am Nachmittag gleich sechs Sessions unter 30 Minuten. Im Vergleich zu pre-schontäglichen Wochen spart diese Verknappung pro Person mindestens zwei Stunden Meeting-Zeit.
Was ist die zweite große Falle neben zu langen Meetings? Richtig! Zu viele Meetings. Wenn man gleich fünf Tage in der Woche zur Verfügung hat, wird man ihn finden, den Termin, an dem alle (!) können. Auch Andreas, der zwar gar nicht so recht weiß, um was es hier gehen soll, aber auf jeden Fall „mit ins Boot“ geholt werden muss. Was das mit dem Schontag zu tun hat? Einiges! Wie bei einem Barcamp finden immer mehrere Sessions parallel statt. Und weil sich niemand von uns zerteilen kann, zwingen wir uns einerseits, nur die für das Thema relevantesten Personen zu Sessions einzuladen und andererseits nur die Sessions zu besuchen, die für uns relevant sind. Denn, wie bei einem Barcamp, gilt das Gesetz der Füße: In welche Session ich gehe, welche Session ich verlasse, entscheide ich.
Unser Wissen und unsere Erfahrung – das ist der größte Nutzen für unsere Kund*innen. Schontag für Schontag werden wir ein bisschen besser. Wir teilen unser Wissen in Werkschau-Sessions oder kollegialen Fallberatungen, nehmen uns Zeit für Feedbacks und Retrospektiven. Wir treffen uns mit externen Expert*innen zu Sparrings oder laden sie zu Gast-Sessions ein. Und wir nutzen die Zeit „unter uns”, um neue Tools oder Methoden auszuprobieren.
New Work, das ist für uns in erster Linie gemeinsames Arbeiten an der Arbeit. Als Gruppe die Spielregeln und Rahmenbedingungen so gestalten, dass alle gut und gerne bei quäntchen + glück arbeiten. Der Schontag gibt uns Zeit für diese Arbeit an der Arbeit. Insbesondere am Nachmittag treffen sich die AGs, die unsere Feedbackkultur, unser Onboarding oder unsere Weiterbildung besser machen. Er setzt der Arbeit an der Arbeit aber auch eine wichtige Grenze. Montags ist Zeit für Internes. Was passt, passt. Was nicht passt, muss warten. Dienstag bis Freitag arbeiten wir ausschließend wertschöpfend. So bewahren wir uns davor, uns mit zu vielen internen Themen zeitlich und finanziell zu übernehmen.
So großartig flexible Arbeitsorte und Arbeitszeiten sind, sie führen zu weniger Begegnungen zwischen Teammitgliedern. Der Schontag ist der eine Tag in der Woche, an dem wir alle zusammenkommen (und für uns können wir festhalten: das ist absolut ausreichend!). Natürlich nutzen wir diese Chance, um das Team zu stärken. Das beginnt mit einem ausführlichen Check-in in der Morgenrunde und findet seine Fortsetzung in gemeinsamen Energizern, kurzen zufälligen Breakouts ohne Thema und dem Spaziergang zum Abschluss. Sich wöchentlich Zeit nehmen für die Zusammenarbeit, viele kleine Begegnungen schaffen und zwischen konzentriertem Arbeiten für gute Laune sorgen – das tut mitunter mehr fürs Teambuilding als ein Wochenende Retreat drei Flugstunden entfernt.
Flache Hierarchien und ein hohes Maß an Verantwortung, sich selbst und der Gemeinschaft gegenüber, sind uns wichtig. quäntchen + glück führen wir als Kollektiv und der Schontag ist so etwas, wie unsere gemeinsame Kommandobrücke. Am Schontag machen wir transparent, wie und an was wir arbeiten (werden); wir sprechen über unsere Auslastung und verteilen Arbeit, wo nötig, um. Wir schauen gemeinsam auf die Akquise und unsere wichtigsten strategischen Themen. Der Schontag bietet feste und variable Gesprächsanlässe und das gesamte Team hat die Möglichkeit, sich entsprechend der eigenen Ressourcen einzubringen. Wenn es ein Problem gibt, egal ob auf persönlicher, operativer oder organisatorischer Ebene, der nächste Schontag ist die Gelegenheit, es anzusprechen.
Ja, wir sind ein bisschen stolz. Auf den Schontag – und auf die vielen mutigen Teams, die davon inspiriert, eigene Wege gefunden haben, ihre Meetingkultur und -struktur zu revolutionieren.
Denn eines ist klar: Exakt so wie bei uns, kann der Schontag in anderen Organisationen nicht funktionieren. Denn jede Organisation und jedes Team ist anders. Was jedoch sehr gut geht: Einzelne Elemente und Prinzipien herausgreifen und für sich adaptieren. Und das haben inzwischen viele Teams gemacht.
Grüße gehen raus an AOK Plus, die Teams I und K der HEAG mobilo, das Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 Kommunikation, Energie + Haus, Bosch, Mama, Papa (lieb, dass ihr auf unserer Website vorbeischaut!) und all die Schontags-Pionier*innen, von denen wir noch gar nichts wissen (meldet euch!).
– Inspiriert vom Schontag führte die Abteilung Innovationsmanagement der HEAG mobilo 2021 den Fokustag ein
– Anna Garaus moderiert jeden Donnerstag den Fokustag der Führungskräfte der AOK Plus
So ein Schontag könnte auch was für dein Team sein? Dann hast du jetzt zwei Möglichkeiten:
Du kannst mittendrin statt nur dabei sein und als Gast an einem unserer Schontage teilnehmen. Alles, was du dafür tun musst:
Du engagierst uns für einen Impuls, Workshop oder Prozess zum Thema Meetingkultur und -struktur.
Zu unserem Schontag gibt es nicht nur einen Blog-Beitrag, eine Podcast-Folge, sondern auch eine Quartett-Karte!