The Länd of the Future, Junger Kongress zum Thema Klimaschutz
Für und mit dem Netzwerk Junges Engagement durften wir die Veranstaltung planen und moderieren.
Journalismus – ein beliebtes und viel diskutiertes Thema auf der re:publica 2014. Viele Sessions drehten sich um konkrete, innovative Konzepte und Lösungen für die Zukunft. Für alle, die nicht dabei sein konnten oder sich wieder erinnern wollen, hier mein Rückblick zu den journalistischen Sessions.
Die re:publica: drei Tage, 350 Vorträge, Diskussionen und Workshops, 5.000 Besucher und fast 90.000 Tweets. So viele Eindrücke, Impulse und Inspiration – zu viel für einen Blogbeitrag, genug um ein Jahr davon zu zehren bis zur re:publica 2015. Als Online-Journalistin und Beraterin für Medienentwicklung hat mich auf der re:publica besonders ein Thema interessiert: die Zukunft von Journalismus und Medien. Und offensichtlich bin ich nicht die einzige, die dieses Thema bewegt, denn auf der #rp14 gab es unheimlich viele Sessions zu diesem Thema – alle hoffnungslos überfüllt. Deshalb hier mein Rückblick auf die #rp14 mit dem Fokus Journalismus. Wer wissen will, was so zu Journalismus auf der re:publia getwittert wurde, sollte sich das Storify von Bernd Oswald anschauen.
Verstaubte, öde Berichte über Vereinssitzungen und Tierheime – das verbinden wohl viele Menschen mit Lokaljournalismus. Die Macherinnen von Florakiez (hyperlokales Blog zur Florastraße in Berlin), den Prenzlauer Berg Nachrichten, Mittendrin (Nachrichtenmagazin für Hamburg-Mitte) und taz nord haben in der Diskussionsrunde „Into the Kiez: Gefahrengebiet Lokaljournalismus“ darüber diskutiert, was sie unter zeitgemäßem Lokaljournalismus verstehen.
Die Essenz? Lokaljournalismus wird hyperlokal und so begrenzen sich die Projekte teilweise sogar auf Blogs zu einzelnen Straßen. Florakiez beispielsweise berichtet nur über Themen, die relevant sind für die 7.000 Bewohner der Florastraße in Berlin. Und: Lokale Journalismusprojekte sollten sich nicht daran orientieren, was die Kollegen aus Printredaktionen für Lokaljournalismus halten, sondern selbst Themen und Formate kreieren. Die Macherinnen der hyperlokalen Blog- und Journalismus-Projekte zeichnen sich alle durch Mut zu Neuem und großem Engagement aus, haben aber alle das gleiche Problem: fehlende Monetarisierungsmodelle.
Dabei haben die Leute Geld und wollen es für Online-Journalismus ausgeben, behauptet der Journalist Richard Gutjahr auf dem Podium „Lohnt sich Online-Journalismus überhaupt noch? Das Problem der Monetarisierung“. Es fehlen allerdings die richtigen Bezahlsysteme. Deshalb testet er das Modell des Münchner Startups LaterPay und berät sie zum Beispiel bei der Entwicklung ihres WordPress-Plugins. Mit zwei Klicks kann der Leser hier Artikel bezahlen. Das Besondere: Erst wird gelesen, später bezahlt. Und zwar erst dann, wenn der Nutzer, auf verschiedenen Websites, insgesamt 5 Euro für Inhalte ausgegeben hat – so werden unnötige Transaktionskosten vermieden und Micropayment auch für Verlage und Blogger lohnenswert. Optimal für den deutschen Markt: LaterPay akzeptiert auch typische deutsche Abrechnungsmethoden wie Bankeinzug.
@martingiesler und @netzfeuilleton batteln sich live auf der Bühne: Wer kennt coolere Journalismus Startups? #rp14 pic.twitter.com/kDO5xlWtVb
— Lokalrundfunktage (@Lokalfunktage) 8. Mai 2014
Die Journalisten Martin Giesler und Jannis Kucharz lieferten sich auf der Bühne ein Battle: Wer kennt das coolere journalistische Startup? Nacheinander zückten sie digitale Quartettkarten, auf denen die Eckdaten ihrer Kandidaten notiert waren. In 30 Minuten stellten die beiden vor: Upworthy, FiveThirtyEight, Now this News, Vice, The Information, Huffington Post, Watson, Postillion, Flipboard und Circa, amppod from Mirror, The Intercept, Know More, Vox.com und BuzzFeed. Ob wirkliche alle Kandidaten per Definition noch als Startups zählen, ist zwar fraglich, aber ein kurzweiliger Überblick über aktuelle journalistische Projekte war es allemal. Auf t3n können Leser nun abstimmen, welches Startup ihrer Meinung nach gewinnen sollte.
In dem Vortrag „Aus dem Arbeitsalltag moderner Geschichtenerzähler“ stellten David Ohrndorf und Stefan Domke vom WDR ihr neues Storytelling-Tool vor. Damit lassen sich Text-, Bild-, Video- und Audiomaterial ganz simpel zu multimedialen Webdossiers zusammenfügen. Der WDR zeigt das anschaulich in seinem Beitrag zur re:publica. Die bisherige Projekte des WDR mit dem neuen Tool können sich auf jeden Fall sehen lassen.
Beängstigend dürfte für manchen Journalisten die Veranstaltung „Roboterjournalismus – wenn Algorithmen Nachrichten machen“ von Lorenz Matzat gewesen sein. Ob Wetter oder Spielberichte, viele Nachrichten können schon heute automatisch erstellt werden. Neben dem Marktführer Narrative Sience gibt es zum Beispiel auch die deutschen Anbieter text-on und die Stuttgarter Agentur aexea mit ihrem Text-Automat. Spätestens jetzt wird jedem klar: Journalisten müssen einzigartige Inhalte mit Mehrwert bieten – egal ob online oder Print.
In der Session mit dem nebulös klingenden Namen „Assets, Objects, Points: Was Structured Journalism bringen kann“ ging es darum, journalistische Inhalte als Daten zu behandeln und sie dementsprechend zu strukturieren – ein so spannendes, aber auch komplexes Thema, dass ich einen eigenen Blogbeitrag zu structured journalism schreiben werde.
Online oder Print? Dass in Journalistenkreisen überhaupt noch zwischen diesen beiden Ausspielkanälen unterschieden wird, ärgert viele Kollegen. Zuletzt gipfelte der Diskurs in einer Protestaktion für Stefan Plöchinger namens Hoodiejournalismus.
Constantin Seibt schwor die Kollegen in seinem Vortrag „Journalismus. Nur besser.“ darauf ein, dass sie sich lieber um ein ganz eigenes Thema kümmern sollten: Haltung und Begeisterung. Sie sind der Weg zur viel besprochenen Einzigartigkeit, die dem Journalismus eine Zukunft sichern kann. Denn die Gewohnheit, die Nicht-Enttäuschung, die Leser bisher gehalten hat, hat ausgedient.
Seibt erklärte: „Als Journalist tritt man gegen die gesamte Unterhaltungsindustrie des Netzes an: nicht nur gegen die besten Zeitungen, sondern auch gegen Social Media, Serien und Games. Und das, während das Kernprodukt, die Nachrichten, inflationär geworden ist, also wertlos. In diesem Markt funktioniert Nicht-Enttäuschung nicht mehr. Sondern es geht es um etwas sehr anderes: die Erweckung von Begeisterung.“
Seine Forderungen, zusammengefasst in zwei Tweets von Stephan Fröhder:
„Kundenbindung“ im #Journalismus C.Seibt: a) Hintergrund statt Schnelligkeit b) Fakten oder STIL? c) Ehrlichkeit statt Perfektion @nzz #rp14
— Stephan Fröhder (@newsfhg) 8. Mai 2014
@NZZ d) „Haltung“ statt Meinungen e) „Kühnheit“ statt Routine f) „Mut“ g) „Aufrichtigkeit“ > C.Seibt #Journalismus #rp14 @tagesspiegel_de
— Stephan Fröhder (@newsfhg) 8. Mai 2014
Wenn Journalisten auf Journalisten treffen, um über Medien zu reden, bleiben diese Diskussionen auf der Metaebene nicht aus. Der Journalismus-Professor Lorenz Lorenz-Meyer fragt in seinem Vortrag „Der Journalismus und die guten Sachen“: Darf sich Journalismus mit der guten Sache gemein machen? Darf er mit Aktivisten Allianzen schmieden? Ja. Darf er. Der Journalist darf sich gemein machen, wenn er dies aus einer unabhängigen Entscheidung heraus macht, nicht von Käuflichkeit, Opportunismus oder Trägheit beeinflusst ist und transparent zu seiner Haltung steht.
Manchmal ist leidenschaftlich engagierter Journalismus der einzige Weg, um unsere Gesellschaft zu ändern: durch Kritik an Gesellschaft und Hinweise auf Missstände. Als Beispiel nennt Lorenz-Meyer Journalisten wie Anna Politkovskaya und Wang Keqin, die sich an Orten, wo die Presse unfrei ist, beispielsweise für Bürger- und Menschenrechte einsetzen.
@youdaz Danke für den Hinweis! Da muss ich mir nachher mal den Vortrag anhören und die Session im Blogbeitrag ergänzen. 🙂 (bf)
— quäntchen + glück (@qundg) May 13, 2014
Mal was ganz anderes: Empfehlenswerte Sessions – frei von Journalismus
So viele journalistische Themen! Gab’s da nix anderes auf der re:publica? Doch. Deshalb hier eine kleine Liste mit empfehlenswerten Sessions. Einfach Link anklicken und Video anschauen beziehungsweise Audiofile anhören.
Kixka Nebraska berichtet in ihrem Vortrag „Catch me if you can – Ephemere Profile und flüchtige Accounts“ flüchtige Kommunikation als Gegenbewegung zum angeblich niemals vergessenden Web vor.
In der Session „Lehrst du noch oder lernst du schon? Moderne Schule ist (k)eine Frage der Technik“ geht es um selbstbestimmtes Lernen, das Lernschritt-Konzept und die Oskar-von-Miller-Schule, die beides umsetzt.
Der 12-jährige Lorenzo hat uns in „Zahnbürste oder Longboard“ berichtet, wie er das Netz nutzt, warum er in 30 sozialen Netzwerken angemeldet ist und wie er von Unternehmen dafür bezahlt wird, wenn er ihnen Facebookseiten einrichtet.
Die Künstlergruppe und Aktivisten The Yes Men berichteten in der Keynote von ihren Aktionen. Ihrer Meinung nach könnte jeder ihre Kunst nachmachen, weshalb sie jetzt eine Austauschplattform für Aktivisten gegründet haben.
Sascha Lobos Rede zur Lage der Nation handelt vom Spähskandal und die Totalüberwachung durch Geheimdienste. Absolut sehenswert!
Über den Autor
Jan ist Datenwächter, Projekt-Jongleur und Finanzminister. Kaum jemand hat seinen Überblick oder sein Organisationstalent – und niemand seine Begeisterung für Zahlen. Als Mitgründer von quäntchen + glück ist er von Beginn an dabei und Impulsgeber für einige der quäntigsten Format-Einführungen: Urlaubsflatrate, quämp, Speedback oder Sparrings. Und ganz nebenbei hat er (mehr oder weniger freiwillig) den DSGVO-Hut auf. Danke, dass du immer ein offenes Ohr, klasse Kommunikationstipps und die trockensten Witze auf Lager hast.
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