The Länd of the Future, Junger Kongress zum Thema Klimaschutz
Für und mit dem Netzwerk Junges Engagement durften wir die Veranstaltung planen und moderieren.
Schon oft habe ich mich dabei ertappt, dass ich selbst dann einen Text kontinuierlich weiterscrolle, wenn ich viele Zeilen auf meinem Bildschirm anzeigen kann. Es wäre doch viel sinnvoller, den ganzen Screen zu nutzen, denke ich mir und versuche dem Scrollen zu widerstehen. Doch selbst bei vergleichsweise lesefreundlichen Umgebungen wie Pocket passiert es: Kaum habe ich eine Zeile gelesen, schiebe ich den Text weiter. Eine nahezu repräsentative Umfrage unter meinen KollegInnen ergab: Das geht nicht nur mir so.
Jetzt wissen wir auch, woran das liegt: am Optimal Recognition Point. So heißt der „Punkt, auf dem das Auge ruht“. Dieser Punkt steht im Zentrum des amerikanischen Start-ups Spritz. Ein Besuch auf dessen Website erklärt mehr als tausend Worte (pro Minute!)
Wow, dachten wir uns alle, was damit alles möglich sein wird! Ja, was denn eigentlich? Unser Wunschzettel an Spritz:
Naheliegend ist natürlich die Kombination mit bereits etablierten Journalismus-Apps. Nicht nur bei gepushten Eilmeldungen. Die sind ohnehin meist so kurz, dass man sie auf einen Blick erfassen kann. Sondern als generelle Lese-Alternative für alle Sorten von Inhalten. Gebraucht wird also ein systemweites Modul, das sich auf alle Apps aufsatteln lässt – egal ob auf Smartphone, Wearable, Google Glass oder E-Reader. Ein Blick auf die (wirklich lesenswerten) FAQ von Spritz verrät: Ist in Arbeit. Was auch klar erscheint: je kleiner der verfügbare Platz, desto Spritz.
A propos systemweit: Wir würden gerne selbst entscheiden, wann ein Spritz-Moment ist. Inspiriert vom Tropfen-Logo des Dienstes stellen wir uns vor, diesen kleinen blauen Tropfen auf jede beliebe Stelle ziehen zu können, auf dass er diese in Spritz-Manier präsentiert. In die Richtung geht bereits die Integration an der rechten oberen Seite im Spritz-Blog.
Stellen wir uns dazu den morgendlichen Nachrichtenkonsum am Frühstückstisch vor: Der Kaffee ist bereit, das Tablet liegt daneben. Wir ziehen den Tropfen auf eine Nachricht zum kommunalen Haushaltsstreit und beginnen zu lesen. In dem Moment meldet sich der Toaster (noch akustisch, später per Push übers Tablet ;), wir blicken reflexartig zur Seite. Wie von Samsungs Smart-Pause-Technik bekannt hält Spritz kurz inne. Wir lesen noch einige Zeilen mit Spritz weiter, doch als wir aufstehen („Body Recognition“), um den Toast zu holen, schaltet Spritz auf Audio-Ausgabe um und zeigt gleichzeitig, wo wir gerade im Text sind. Später, wenn wir an der Bushaltestelle stehen, lesen wir auf der Smartwatch weiter – und Spritz merkt sich immer schön brav, wo wir gerade sind.
Übersicht ist uns wichtig: Wir glauben den Spritz-Entwicklern gerne, dass wir uns schnell an das „neue Lesen“ gewöhnen, manchmal brauchen wir aber Überblick über die Gesamtheit eines Textes, etwa wenn wir an bestimmter Stelle (noch einmal) einsteigen möchten. Ein erneuter Klick auf den „Tropfen“ könnte zwischen verschiedenen Ansichten wechseln.
All das ist sehr aus Leserperspektive gedacht, und das ist auch wichtig. Es wäre schön, wenn Spritz sich als eine Lesealternative durchsetzen würde, aber bis dahin braucht es vor allem eins: eine wirklich einfache Integration in bestehende Redaktionssysteme.
RedakteurInnen müssen in der Lage sein, ihre Inhalte ganz oder teilweise mit Spritz anzubieten, ohne dass sie dazu interne Arbeitsgruppen mit der IT ins Leben rufen müssen.
Was für Open-Source-Systeme wie WordPress noch relativ einfach ist, ist für die allermeisten journalistisch genutzten CMS keineswegs eine Sache von drei Klicks: die Installation von Plugins. Es sollte ohne gehen, für den Anfang etwa mit Embedd-Schnipseln wie bei Youtube.
Genauso simpel sollte auch das Lizenzsystem sein: Ähnlich zu Musik-Streaming-Diensten wie Spotify könnten Verlage nur soviel zahlen, wie ihre LeserInnen die Technik auch nutzen. Pay per Spritz quasi. Ein solches „performancebasiertes“ System könnte den VerlegerInnen am Anfang interessanter erscheinen als eine Lizenzpauschale, die sich oft nicht selbst erklärt. Die Verlage wiederum könnten ihren Lesern diese flinke Art des Lesens als Premiumfunktion kostenpflichtig zur Verfügung stellen – natürlich als Whitelabellösung. Das wäre doch was für die Special-Interest-Marken mit Effizienz liebenden Zielgruppen wie Manager Magazin und Capital.
Gleichzeitig ließen sich redaktionell interessante Rückschlüsse ziehen: Gibt es journalistische Formate, die geeigneter für Spritz sind als andere? Entstehen gar neue Formate? Wird es künftig die Spritz-Story geben?
Wir werden sehen. Gerne mit 1000 Wörtern pro Minute.
Über den Autor
Kersten A. Riechers ist richtig gerne quäntchen. Ein Wort, das er sich beim co-Gründen von quäntchen + glück im Jahr 2010 absolut nicht hätte ausdenken können. Sondern das als Selbstbezeichnung im und durch das Team entstanden ist. Mit diesen quäntchen arbeitet Kersten in Workshops und workshoppisierten Events und Prozessen. Am liebsten für Organisationen und Unternehmen, die einen positiven Einfluss auf Klimaschutz und Biodiversität haben – oder haben wollen.
Methodik für Workshops und Prozesse, in denen alle gehört
werden, ohne ständig allen zuhören zu müssen – das ist Kerstens Lieblings-Kurzdefinition von Facilitation.
A propos: Das frühere Leben als (Diplom-Online-)Journalist und die große Liebe zu Sprache und Sprachen führt Kersten seit Jahren auf die hoffentlich bald erfolgreiche Suche nach einem schöneren Wort für Facilitation. Bis dahin sagt der Pasta-Pragmatiker manchmal heimlich Fusilitation und freut sich, dass richtig gute Methodik in Workshops auch ohne große Worte fantastische Ergebnisse bringt.
Kersten lebt in Hamburg, ist aus nostalgischen Gründen auf seiner Darmstädter Festnetznummer erreichbar und fährt mit voller Bahnbegeisterung auch in weit entfernte Orte, um mit anderen quäntchen richtig gute Workshops zu veranstalten.
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